Internationale christliche Solidaritätsarbeit für Palästina im Kontext von Apartheid und Völkermord
Manuskript zum Workshop beim Friedensratschlag Kassel am 9.11.2025 von Ulrich Duchrow
1. Die bekannten Fakten des Kontextes
Seit dem 19. Jh. entsteht der siedlerkolonialistische Zionismus: Der gewaltfreie Zionismus wird durch Mord, ausgeführt von der zionistischen Terrorgruppe Haganah, 1924 ausgelöscht.1 Der Theoretiker des gewalttätigen Zionismus, Wladimir Jabotinsky, bestimmt ab den 1930er Jahren alle späteren Formen des Zionismus, den Arbeiterzionismus, den Likudzionismus und jetzt den national-religiösen faschistischen Zionismus. Der britisch-imperiale Kolonialismus ermöglicht die zionistische Besiedlung von Palästina. Die frühe, von den Westmächten dominierte UNO gibt einem israelischen Staat im November 1947 die völkerrechtliche Legitimation. Dieser Staat wird aber schon bis zur Gründung dieses Staates im Mai 1948 mit einer Vertreibung und z.T. Massakrierung von einer viertel Million Palästinensern vorbereitet und dann mit der Vertreibung und Massakrierung einer weiteren halben Million PalästinenserInnen umgesetzt (Nakba). 1967 folgt ein weiterer völkerrechtswidriger Angriffskrieg des Staates Israel mit anschließender Besetzung des gesamten palästinensischen Gebiets from the river to the sea. Diese wird mit einem Apartheidsystem und ab 2006 nach Zerstörung der Demokratie in Palästina (dadurch, dass der Westen die demokratische Wahl 2006 nicht anerkennt) in mehreren Kriegen gegen Gaza durchgesetzt – bis hin zum völkermörderischen Krieg seit 2023. Dieser folgte seit 7.10.23 den Ausbruch der Hamas aus dem Freiluftgefängnis, der auch völkerrechtswidrige Kriegsverbrechen enthielt, weil nicht nur militärische, sondern auch zivile Ziele angegriffen wurden.
Am knappsten sind diese Fakten in den beiden Berichten von Amnesty International (AI) zu Apartheid und zu Völkermord, sowie in den Stellungnahmen der UN-Sonderbeauftragten für Palästina, Francesca Albanese, zusammengefasst.
Welche Rolle spielte speziell Deutschland im Blick auf diese Fakten? Deutschland hat zunächst dadurch eine zentrale Mitverantwortung, dass die Verfolgung der Juden und Jüdinnen durch die Nazis ab den 1930er Jahren einen Auswanderungs-/Einwanderungsdruck nach Palästina erzeugte, zweitens die Akzeptanz des Zionismus unter jüdischen Menschen verstärkte, die vorher in der überwiegenden Mehrheit die Zionismus ablehnten. Der Holocaust verstärkte diesen Druck und diese Akzeptanz, auch weil die Westmächte die jüdischen Flüchtlinge nicht selbst aufnehmen wollten.
Deutschland hat aber eine weitere zentrale Mitverantwortung, die in Deutschland normalerweise völlig ausgeblendet und unterdrückt wird. Dazu gibt es ein klassisches Buch von Daniel MARWECKI.2 Die These ist:Um sich vom Holocaust reinzuwaschen, hat Adenauer einen Deal mit Ben Gurion gemacht: Wir zahlen Wiedergutmachung und unterstützen den Staat Israel bedingungslos, d.h. auch: wir schweigen zu Palästina. Außerdem wurde die Wiedergutmachung zunächst geheim, dann öffentlich dadurch gezahlt, dass die israelische Armee aufgebaut wurde. D.h. die im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg 1967 siegreiche Armee, die dann auch die Besetzung durchführte und bis heute verteidigt, wurde durch Deutschland aufgebaut. Diese Tradition der bedingungslosen Unterstützung des Staates Israel, um sich weißzuwaschen von der deutschen Geschichte, wurde dann als Staatsräson definiert und bis zur Unterstützung des Völkermords, der Verdrängung der Fakten und Niederschlagung die propälästinensischen Solidaritätsbewegung heute fortgesetzt.
Das ist der Kontext, in dem wir nun nach der Rolle des Christentums fragen.
2. Die Rolle des Christentums historisch
Der Antisemitismus, der die wesentliche Rolle beim Entstehen des jüdischen Zionismus spielte, hat seine Wurzel im Antijudaismus des imperialen Christentums. Zur Jesuszeit , im Urchristentum und der alten Kirche gab es nur eine Art Konkurrenz zwischen Judentum und entstehendem Christentum. Ja, die ersten Jesusnachfolger waren ein Zweig des Judentums und Jesus wurde auf Betreiben der jüdischen Führungselite von den Römern als „ König der Juden“, also als Messias ans Kreuz geschlagen, der Strafe für entlaufene Sklaven und antirömische Reellen. Auch den Apostel Paulus bekämpften jüdische Eliten als Konkurrenten.
Als dann aber Kaiser Konstantin ab 312 u.Z. das Christentum als Staatsreligion zu instrumentalisieren begann, reagierten die sich dann anpassenden Christen damit, dass sie nicht mehr den Römern die Schuld an Jesu Tod gaben, sondern den Juden. Seither wurde das imperiale Christentum judenfeindlich bis hin zur Unterstützung des Holocaust durch die Deutschen Christen im Nazireich, denen sich nur eine Minderheit in der Bekennenden Kirche entgegenstellte.
Nach dem Krieg gab es dann eine große Wende. Insbesondere die ExegetInnen und Exegeten der biblischen Schriften, arbeiteten heraus, dass das NT in allen Schichten grundlegend auf der hebräischen Bibel beruht. Ein sehr intensiver christlich-jüdischer Dialog begann, der absolut nötig war und viele großartige Ergebnisse brachte. Allerdings entwickelte sich dann der Dialog in eine fragwürdige Richtung: Ähnliches wie in der deutschen Politik und Gesellschaft diagnostiziert der jüdische Befreiungstheologe Marc Ellis für die Entwicklung des christlich-jüdischen Dialogs .3 Er würdigt das Bemühen von Christen in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg, für die Sünde des Antijudaismus und der Shoa Buße zu tun, als „notwendig und revolutionär“. Diese Annäherung forderte aber praktisch Opfer: Das palästinensische Volk. So wurde aus dem Dialog vielfältig ein Deal: “Ihr Christen tut Buße für Eure Sünden, ihr steht fest zu Israel und ihr schweigt über die Palästinafrage. Schweigen über die Palästinenserfrage wird gefordert, andernfalls werden Christen beschuldigt, dass sie wieder zum Antisemitismus zurückgekehrt seien, den sie gerade aufgegeben hatten“ (132). So wurde aus dem christlich-jüdischen ein christlich-zionistischer Dialog. Zu einer Alternative dazu später noch einmal im Kontext der Solidaritätsarbeit.
Es gibt noch einen weiteren wichtigen Zusammenhang zwischen Christentum und der gegenwärtigen Situation. In der 1. Hälfte des 19. Jh. entstand in eine evangelikale Vorstellung, dass die Rückkehr der Juden nach Israel die Wiederkunft Christi beschleunigen könne. Bis heute spielt diese antisemitische Vorstellung eine üble Rolle im christlichen Zionismus, besonders in den USA. Antisemitisch deshalb, weil bei der Wiederkunft Christi dann die Juden sich bekehren müssen oder in die Hölle kommen. Diese christliche Zionismus verband sich dann mit dem britischen Imperialismus, weil dieser großes Interesse daran hatte, dass britische Juden nach Palästina gehen, um dort die Kolonisierung für Großbritannien vorzubereiten.
3. Kairos Palästina und Sabeel
Nun aber zur internationalen christlichen Solidaritätsbewegung für Palästina. Grundlegend ist hier das Kairos Palästina Dokument. 2009 veröffentlichte eine ökumenische Gruppierung mit Namen Kairos Palästina ein Memorandum unter dem Titel: Die Stunde der Wahrheit: Ein Wort des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe aus der Mitte des Leidens der Palästinenser und Palästinenserinnen. Die Adressaten werden so angesprochen:
„Wir wenden uns an unsere Brüder und Schwestern, an die Glieder unserer Kirchen in diesem Land. Als Christen und Palästinenser wenden wir uns an unsere politische und religiöse Führung, an unsere palästinensische und an die israelische Gesellschaft, an die Weltgemeinschaft und an unsere christlichen Brüder und Schwestern in den Kirchen in aller Welt.“
D.h. hier werden nicht nur die verschiedenen Gliederungen im eigenen Land angesprochen, sondern die weltweite Gemeinschaft, insbesondere auch der Christen. Dies hatte eine große Wirkung. Aber zunächst zum Inhalt des Dokuments:
Zunächst 1. wird die tägliche Lebensrealität der PalästinenserInnen knapp, aber eindringlich zusammengefasst – Von der Apartheidmauer und der Siedlergewalt bis zu den Flüchtlingen, deren Rückkehrrecht verweigert wird, dann kurz die bisherigen Reaktionen der PalästinenserInnen. 2. entfaltet das Dokument in einem Wort des Glaubens das prophetische Verständnis der biblischen Schriften: Das Land hat seit Abraham den universellen Auftrag, zu einem Segen für alle Völker zu werden. Es heißt u.a. „Gott hat uns als zwei Völker hierher gestellt, und Gott gibt uns, wenn wir es nur aufrichtig wollen, auch die Kraft, zusammenzuleben und Gerechtigkeit und Frieden zu schaffen, das Land wahrhaft in Gottes Land zu verwandeln: „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen“ (Ps 24, 1).“ (2-3-1) So wendet es sich gegen den zionistischen Missbrauch der Bibel. Weiter heißt es: „Wir erklären ferner, dass die israelische Besetzung palästinensischen Landes Sünde gegen Gott und die Menschen ist, weil sie die Palästinenser ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt, die ihnen von Gott verliehen worden sind. Sie entstellt das Ebenbild Gottes in dem Israeli, der zum Besatzer geworden ist, und sie entstellt das Ebenbild Gottes in dem Palästinenser, der unter der Besetzung leben muss.“ Und es spricht von der Hoffnung im Widerstand und ruft die Kirchen auf, ihren prophetische Auftrag zu erfüllen. Schließlich wird Widerstand in dieser Situation als „Logik der Liebe“ qualifiziert: „Ziel ist die Befreiung beider Völker von den extremistischen Positionen der verschiedenen israelischen Regierungen und die Erlangung von Gerechtigkeit und Versöhnung für beide Seiten.“ Das Dokument schließt mit Worten an die Kirchen der Welt, die internationale Gemeinschaft, an die jüdische und an die muslimische religiöse Führung und „an unser palästinensisches Volk und an die Israelis“.
4. Global Kairos for Justice und die internationale Solidarität
Das Kairos Dokument hatte eine große internationale Wirkung. Kairos Europa gründete 2012 das Kairos Palästina Solidaritätsnetz in Deutschland (KPS), dem ich seither im Leitungskreis angehöre. Hierin sammelten wir alle kirchenbezogenen Solidaritätsgruppen in Deutschland und treffen uns zweimal jährlich im Plenum zu Informationsaustausch und Planung gemeinsamer Aktionen. Auch Pax Christi gehört dazu, das die katholischen Soligruppen vertritt. Wir haben eine Website, auf der wir ständig aktuelle Informationen und Dokumente verbreiten: https://kairoseuropa.de/kairos-palaestina-solidaritaetsnetz/aktuelle-analysen-berichte-und-links/. Alle zwei Jahre veranstalten wir einen Palästinatag anlässlich der Evangelischen Kirchentage, da leider der Kirchentag selbst dieses Thema nicht zulässt, weil er von christlich-zionistischen Gruppen und Personen beherrscht wird.
Solche Solidaritätsnetze gibt es in vielen Ländern in allen Kontinenten. Sie sind zusammenngeschlossen in Global Kairos for Justice (GKJ), zu dem auch unser KPS gehört. Dieser internationale Zusammenschluss von Gruppen, die mit Kairos Palästina verbunden sind, hat auch regionale Koordination. Die europäische wird von Dänemark aus koordiniert. Wir treffen uns regelmäßig über Zoom. Einmal im Jahr treffen sich VertreterInnen aller GKJ-Gruppen in Bethlehem mit Kairos Palästina und Sabeel, einem ebenfalls weltweiten Netzwerk von Gruppen, die mit einem befreiungstheologischen Zentrum in Jerusalem zusammenarbeiten. In vielen Ländern haben sich die Sabeel und Kairos Gruppen und Netze zusammengetan. Beim internationalen Treffen in der kommenden Woche in Betlehem wird ein 2. Kairos Palästina Dokument veröffentlicht werden, das von palästinensischen Theologen wie Munther Isaac entworfen und von unserem Theologischen Ausschuss von GKJ bearbeitet wurde. E wird ebenfalls auf der Website von Kairos Europa zu finden sein.
4.1 Der Schrei nach Hoffnung und die Antwort der Kirchen
Am 1. Juli 2020 veröffentlichten Kairos Palästina und GKJ den ebenfalls von unserer Theologischen Kommission entworfenen Schrei nach Hoffnung. Darin heißt es:
„Wir rufen alle ChristInnen und die Kirchen auf gemeindlicher, konfessioneller, nationaler und weltweiter ökumenischer Ebene auf, sich in einem Prozess des Studierens, Reflektierens und Bekennens zu engagieren. Es geht dabei um die historische und systemische Entrechtung des palästinensischen Volkes und um den Missbrauch der Bibel, mit dem viele diese Unterdrückung rechtfertigen und unterstützen. Wir rufen die Kirchen auf, darüber zu reflektieren, wie ihre eigenen Traditionen die heilige Pflicht zum Ausdruck bringen können, die Integrität der Kirche und des christlichen Glaubens in Bezug auf diese Frage aufrechtzuerhalten.“
Das heißt, es geht um die Frage, ob Entrechtung, Apartheid und Völkermord einen sog. Status confessionis für die Kirchen weltweit darstellt. Das heißt, es geht hier darum ob bei diesem Handeln Israels das Kirchesein der Kirche und die Wahrheit des Evangeliums auf dem Spiel steht. Der Schrei nach Hoffnung knüpft an an Bonhoeffers Aufsatz Die Kirche vor der Judenfrage, woran auch der Lutherische Weltbund (LWB) anknüpfte, als er 1977 die Apartheid in Südafrika zur Frage des Status Confessionis erklärte.
Dietrich Bonhoeffer stellte in seinem Aufsatz von 1933 „Die Kirche vor der Judenfrage“ fest, dass die damalige bürgerliche und politische Entrechtung der Juden durch das Nazi-Regime und der Eingriff des Staates in Religionsangelegenheiten den status confessionis für die Kirche bedeute.4 Hier handelt es sich nicht um eine sekundäre politische, sondern um eine Frage des Glaubens und der Integrität der Kirche, was die verschiedenen Traditionen verschieden ausdrücken, die reformatorischen mit dem Bekenntnisbegriff. Was bedeutet diese Berufung auf Bonhoeffer für das Verständnis der gewaltsamen Entrechtung der PalästinenserInnen durch den Staat Israel, die Rechtfertigung dieses Unrechts mit der Bibel ?
Abkürzen: In seinem Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“ entwickelt Bonhoeffer Kriterien für die Entscheidung der Kirche in solchen Fällen:5
„Hierbei sieht sie (die Kirche) den Staat nun freilich in doppelter Begrenzung. Sowohl ein Zuwenig an Ordnung und Recht als auch ein Zuviel an Ordnung und Recht zwingt die Kirche zum Reden. Ein Zuwenig ist jedesmal dort vorhanden, wo eine Gruppe von Menschen rechtlos wird (Hervorhebung UD).“
Historisch ist zunächst festzustellen, dass es 1933 noch nicht um die Judenvernichtung ging, sondern um den Entzug bürgerlicher und politischer Rechte. Darum ist zu diesem Zeitpunkt der Vergleich mit analogen Situationen heute legitim. Was heißt im Fall Israel-Palästina „zu wenig Staat“, „rechtlos“ machen? Alle völkerrechtlichen Beschlüsse der UNO ignoriert und bricht Israel. Außerdem ist völkerrechtlich Apartheid nachgewiesen, wie besonders der Amnesty-Bericht ausführlich belegt.6
Im Blick auf das „Zuviel“ des Staates greift der israelische Staat zwar nicht direkt in die Verkündigung und Ordnung der Kirchen in Palästina ein7, aber er begründet sein Unrechtshandeln mit der Bibel, so dass alle Kirchen betroffen sind. In diesem Rahmen ist es unmöglich, das komplexe Problem des Bibelmissbrauchs durch den Zionismus angemessen darzustellen.8 Jedenfalls sind die verschiedenen militaristischen Traditionen des Zionismus, die seit der Staatsgründung zur Herrschaft gekommen sind, vereint in der gegenwärtigen Regierung und missbrauchen die Bibel für die Eliminierung der PalästinenserInnen.9 Der christliche Zionismus missbraucht darüber hinaus das Neue Testament. Er ist unter christlichen Kriterien demnach sogar Häresie.
Summa: Also sowohl die gewaltsame Entrechtung des palästinensischen Volkes wie auch deren pseudobiblische Begründung dieses Unrechts bedeuten, dass die Kirche nach Bonhoeffer einen status confessionis feststellen muss.
Viele Kirchen haben auf den Schrei nach Hoffnung positiv geantwortet, geradezu vorbildlich die United Church of Christ in den USA. Im Rahmen einer ausführlichen Antwort hat sie ein Bekenntnis formuliert, das die Theologische Erklärung von Barmen von 1934 zum Vorbild nimmt. Diese hatte sich gegen den NS und die Deutschen Christen gewendet, die Hitler unterstützten. Dieses Bekenntnis der UCC ist so vorbildlich, dass ich es ganz kurz zusammenfassen will.10
„1. Wir bekräftigen, dass die nach fünf Jahrzehnten fortgesetzte Unterdrückung des palästinensischen Volkes eine Angelegenheit von theologischer Dringlichkeit darstellt, dass sie als Verstoß gegen die Botschaft der Propheten und des Evangeliums eine Sünde ist und dass alle Bemühungen der christlichen Gemeinde, die Unterdrückung des palästinensischen Volkes zu verteidigen oder zu rechtfertigen – sei es passiv oder aktiv, durch Schweigen, Wort oder Tat – eine grundlegende Leugnung des Evangeliums ist.
Deshalb verwerfen wir die Ansicht, dass Israels Besetzung Palästinas ein rein politisches Problem außerhalb der Zuständigkeit der Kirche sei, oder dass die Unterdrückung des palästinensischen Volkes eine unvermeidliche Folge globaler oder regionaler geopolitischer Interessen sei.
Hier wir also klar festgestellt, dass es im Fall von Israels Unrechtshandeln an den PalästinenserInnen um eine Bekenntnisfrage für die Kirche geht.
2. Wir bekräftigen, dass das biblische Narrativ von der Schöpfungsgeschichte über die Berufung der Israeliten, die richtenden Mahnungen der Propheten, die Inkarnation Jesu und sein Dienen und das Zeugnis der Apostel „bis zu den Enden der Welt“ … von Gottes Segen für „alle Geschlechter der Erde“ (Gen 12,3) spricht.
Deshalb verwerfen wir jede Theologie oder Ideologie wie den christlichen Zionismus, die Substitutionslehre, den Antisemitismus oder antiislamische Voreingenommenheit, die ein Volk, eine “Rasse“, eine Kultur oder Religion hinsichtlich Gottes universaler Gnadenordnung privilegieren oder ausschließen.
Dieser 2. Artikel des Bekenntnisses darf also nicht missverstanden werden als eine Stellungnahme gegen das Judentum, das dann auf Partikularismus eingeengt würde. Es wird ausdrücklich auf die hebräische Bibel Bezug genommen. Und kritische Juden und Jüdinnen wehren sich gerade ebenfalls mit diesem universalistischen Verständnis des Judentums gegen die rassistische Verdrehung desselben durch den Zionismus.
3. Wir bekräftigen, dass alle in Palästina und Israel lebenden Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen sind und dass ihnen dies unbedingte Würde und Heiligkeit verleiht.
Deshalb verwerfen wir jegliche Gesetze und Rechtsvorschriften, die seitens einer ethnischen Gruppe, Religion oder politischen Instanz benutzt werden, einem Volk eine privilegierte Rechtsstellung auf Kosten eines anderen Volkes zu sichern, Israels System der Apartheid per Gesetz und Rechtsverfahren inbegriffen.
Die UCC benennt also klar die Apartheid – anders als die deutschen Kirchen, knüpft also an die bekenntnismäßige Verwerfung der Apartheid in Südafrika durch LWB und RWB an. Wichtig dabei ist allerdings der Unterschied zwischen damals und heute. Die südafrikanische Apartheid zielte auf Ausbeutung, die israelische auf siedlerkolonialistische Eliminierung der PalästinenserInnen, was viel schlimmer ist.
4. Wir bekräftigen, dass alle Völker ein Recht auf Selbstbestimmung und Anspruch auf Souveränität und Staatlichkeit zur Gestaltung ihres gemeinschaftlichen religiösen, kulturellen und politischen Lebens haben, frei von Beeinflussung und Druck seitens auswärtiger Mächte, und dass eine Lösung gegensätzlicher Ansprüche nur durch gleichwertigen Schutz der Bürgerrechte, die faire und gerechte Aufteilung von Land und Ressourcen und durch friedliche, auf dem Völkerrecht und den Resolutionen der UNO basierende Verhandlungen erreicht wird.
Deshalb verwerfen wir den Gebrauch der Schrift, um göttliches Recht auf Landbesitz als Begründung für Israels Inbesitznahme und Annexion palästinensischen Gebietes zu beanspruchen, ebenso wie das Ansinnen eines sogenannten Friedensabkommens durch Israel oder durch die Vereinigten Staaten unter Ausnutzung politischer und militärischer Überlegenheit, das den Palästinensern Gleichberechtigung, eine vollwertige Staatsbürgerschaft und die Chance, sich religiös, kulturell, politisch und ökonomisch zu entfalten, verwehrt.
Dies verwirft also einen weiteren Missbrauch der Bibel. Das beste Buch zum biblischen Umgang mit der Landfrage ist Munther Isaacs Doktorarbeit, die er in seinem von uns übersetzten Buch „Die andere Seite der Mauer Eine Palästinensische Erzählung von Klage und Hoffnung“ in Deutsch zusammengefasst hat.11
5. Wir bekräftigen in Übereinstimmung mit der Resolution 194 der UNO Vollversammlung (1948), dass die palästinensischen Flüchtlinge das Recht haben, in ihre Heimat zurückzukehren, so sie dies wollen, oder Kompensation für den Verlust von Eigentum zu beanspruchen.
Deshalb verwerfen wir die Verweigerung dieses Rechts und ebenso die Versuche, die international vereinbarte Definition des Flüchtlingsstatus zu manipulieren, um damit zu versuchen, dieses die Generationen übergreifende Recht abzuschaffen.
Diese Frage wird in Deutschland totgeschwiegen oder aktiv unterdrückt mit dem Argument:: Dann würden die Juden in Israel eine Minderheit werden.
6. Wir bekräftigen, dass der Erste Zusatzartikel der US-amerikanischen Verfassung das Recht der Rede-und Versammlungsfreiheit beinhaltet, gegen Maßnahmen des Staates Israel zu protestieren und die Rechte der Palästinenser zu unterstützen, einschließlich des Gebrauchs wirtschaftlicher Mittel um der Gerechtigkeit im Sinne des Ersten Zusatzartikels willen; das umfasst auch die Unterstützung der Bewegung für internationalen Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) durch einzelne Personen, Institutionen, Unternehmen und religiöse Körperschaften, die für gerechten Frieden eintreten, ebenso wie irgendeine Beteiligung am Gebrauch ökonomischer Mittel zur Förderung von Gerechtigkeit.
Deshalb verwerfen wir die Auffassung, dass jede Kritik der Politik des Staates Israel per se antisemitisch ist, wohl wissend, dass manche Kritik mit antisemitischer Absicht oder Wirkung erfolgt, und wir widersprechen den Bemühungen der US Bundesregierung und Regierungen von Bundesstaaten, die freie Rede auf Universitätsgeländen einzuschränken und die Unterstützung der internationalen Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) zu behindern oder zu verbieten.“
So klare Worte wären auch von den deutschen Kirchen nötig. Denn die Unterdrückung der palästinensischen Stimmen und auch der Solidarischen nimmt hier zunehmend grundgesetzwidrige Züge an. Ich habe dazu ein eigenes Kapitel geschrieben in unserem Buch „Religionen für Gerechtigkeit ….“12 Aber von einem solchen Bekenntnis können wir im Blick auf die deutschen Kirchen nur träumen. Nur der Bischof einer einzigen deutschen Kirche antwortete 2020 auf den Schrei nach Hoffnung, nämlich der badische, Jochen Cornelius-Bundschuh.13 Die EKD beruft sich nach wie vor auf die Stellungnahme der EMOK.14 Diese ist aber angesichts von Apartheid und Völkermord in ihrem Versuch, in einem total asymmetrischen Konflikt „ausgewogen“ zu sein, völlig überholt.
4.2 Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK)
Zur Vorgeschichte: Bei den Vorbereitungstreffen zur Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe 2022 setzte nach glaubwürdigen Zeugenaussagen die EKD den ÖRK unter Druck, das Apartheidthema auf der Vollversammlung nicht aufkommen zu lassen, andernfalls würde die EKD Gelder für die Versammlung zurückziehen. Angeblich soll Annalena Baerbock als deutsche Außenministerin ähnliche Drohungen ausgesprochen und sogar Visumsverweigerung für bestimmte Personen angedeutet haben. In Karlsruhe selbst hieb Bundespräsident Steinmeier in seinem Grußwort in die gleiche Kerbe und und der Generalsekretär des ÖRK warnte schon in seinem Bericht vor radikalisierter Sprache. Vor allem aber verhinderte der zuständige Ausschuss, dass ein klarer Resolutionsentwurf zum Thema, den die Anglikanische Kirche einbringen wollte, überhaupt im Plenum diskutiert und abgestimmt werden durfte.15
Immerhin brachte dieser Ausschuss am Schluss folgende Sätze zur Abstimmung:
„Kürzlich haben zahlreiche internationale, israelische und palästinensische Menschenrechtsorganisationen und juristische Instanzen Studien und Berichte veröffentlicht, in denen steht, die Politik und die Maßnahmen Israels liefen auf eine „Apartheid“ unter dem Völkerrecht hinaus. Innerhalb dieser Vollversammlung unterstützen gewisse Kirchen und Delegierte den Gebrauch dieses Begriffs nachdrücklich und machen geltend, er erkläre die Realität der Menschen in Palästina/Israel sowie die Position unter dem Völkerrecht zutreffend, während andere den Begriff unangemessen, nicht dienlich und schmerzhaft empfinden. Wir sind in dieser Hinsicht nicht einer Meinung. Wir müssen uns nach wie vor mit diesem Problem befassen, während wir auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens weiterhin zusammenarbeiten. Wir beten, dass der ÖRK fortfährt, sichere Orte für Gespräche und Zusammenarbeit für seine Mitgliedskirchen bereitzustellen, im Streben nach Wahrheit und für die Arbeit für einen gerechten Frieden unter allen Menschen in der Region….. Der ÖRK möge die Auswirkungen der kürzlich veröffentlichten Berichte von B’Tselem, Human Rights Watch und Amnesty International untersuchen, diskutieren und erörtern und die Leitungsgremien mögen angemessen darauf reagieren. “16
Aufgrund dieses Auftrags der Vollversammlung setzte der ÖRK eine Arbeitsgruppe ein, die eine Empfehlung für den Zentralausschuss (ZA) erarbeiten sollte. Das Ergebnis wurde am 27. Juni 2025 vorgestellt. Der ZA beschloss daraufhin eine Erklärung mit folgendem Aufruf, der „verlangt, dass:
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die Realität der Apartheid beim Namen genannt wird: Wir anerkennen und verurteilen das System der Apartheid, das Israel dem palästinensischen Volk auferlegt und damit das Völkerrecht und das moralische Gewissen verletzt;
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(dass) Sanktionen und die Rechenschaftspflicht umgesetzt werden: Wir fordern Staaten, Kirchen und internationale Institutionen auf, Konsequenzen für Verstöße gegen das Völkerrecht zu ziehen, einschließlich gezielter Sanktionen, Desinvestitionen und Waffenembargos. Der Internationale Strafgerichtshof und die UN-Mechanismen, die mögliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen, müssen umfassend unterstützt werden;
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(dass) die Rechte und die Freiheit der Palästinenserinnen und Palästinenser bekräftigt werden: Wir verteidigen die unveräußerlichen Menschenrechte der Palästinenserinnen und Palästinenser auf Freiheit, Gerechtigkeit, Rückkehr und Selbstbestimmung. Wir fordern das Ende der Besetzung und die Aufhebung der rechtswidrigen Blockade des Gazastreifens; und dass
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(dass) die Widerstandsfähigkeit und das Zeugnis der palästinensischen christlichen Kirchen und Gemeinschaften, die ihr Recht aufrechterhalten, auf ihrem Land zu bleiben und ihren Glauben frei zu praktizieren, unterstützt werden.17
Prompt reagierte die EKD mit einer Gegenerklärung:
„Der Begriff ‚Apartheid‘ ist in Bezug auf das Handeln der israelischen Regierung in der Ökumene heftig umstritten. Die EKD hat dazu eine Stellungnahme herausgegeben, in der stark gemacht wird, dass der Begriff ‚Apartheid‘ die vielschichtige Realität im Nahen Osten nicht abbildet.“
Alle klaren völkerrechtlichen Argumente schlägt die EKD in den Wind und isoliert sich damit international. Nach der Definition Bonhoeffers ist sie damit mindestens irrende, wenn nicht gar falsche Kirche.
Da letzte absurde Beispiel ist die Reaktion einer deutschen Delegation auf die Reformationspredigt von Bischof Azar: eeiner verlies den Gottesdienst und di Dlegation ging nicht zum anschließenden Empfang. Hier kann man wieder einmal studieren, wie die deutschen Kirchen in der Tradition der alten Staatskirchen funktionieren – gegen die Fakten der Realität, gegen das Völkerrecht.18. Immerhin verteidigte die palästinensische Autonomiebehörde den palästinensischen Bischof Azar, als er die Wahrheit sagte.19 Der Weißwasch-Zwang der deutschen politischen und kirchlichen Klasse kennt offenbar keine Grenzen mehr – und das nach all den Bildern aus Gaza (vgl.MARWECKI, a.a.O).
Ende Oktober 2023 sandten palästinensische Christen in einen offenen Brief einen „Aufruf zur Umkehr“ an westliche Kirchenführer und Theologen.20 Sie äußern Entsetzen darüber, dass viele von diesen den Krieg Israels gegen Gaza unterstützen In Bethlehem wurden die Weihnachtsfeiern abgesagt und in der Lutherischen Weihnachtskirche nur ein Jesuskind unter Trümmern als Krippenbild aufgestellt, um an die Kinder in Gaza zu erinnern. In seiner Weihnachtspredigt stellte Pfarrer Munther Isaac die Frage, ob sich die westlichen Kirchen, die dies betrifft, noch in Kirchengemeinschaft mit den Kirchen in Palästina befinden.21
Daraufhin schrieb die europäische Sektion von Global Kairos for Justice einen Brief an die europäischen Kirchen, ob ihnen der Ernst dieser Frage bewusst ist.22
4.3 Praktische Arbeit vor Ort
Wir haben im KPS die Vollversammlung des ÖRK genutzt, um Publikationen für die christlichen Gruppen und Gemeinden zu produzieren und damit Gemeindeseminare und Veranstaltungen zu organisieren. Wir schlugen deshalb vor, in Gemeinden und/oder Bezirken vierteilige Seminare anzubieten. Wir hatten für jeden dieser Teile ein Materialheft vorbereitet. Wir boten auch Hilfe bei der Suche nach (auch jüdischen und palästinensischen) ReferentInnen an. Zum Material im Einzelnen:
Heft 1: Der palästinensische „Schrei nach Hoffnung“ und die Antwort der Kirchen – Auf dem Weg zur ÖRK-Vollversammlung.
(Hier stehen die reale Situation in Palästina-Israel und deren theologische Bedeutung sowie die Antworten anderer Kirchen auf den „Schrei nach Hoffnung“ zur Diskussion, die für die deutschen Kirchen ein Vorbild sein können. Daraus habe ich bereits die Antwort der UCC/USA vorgestellt.)
– Sitzung 2/Heft 2: Das System der Apartheid in Israel –
Ein dringender Aufruf an die Kirchen in aller Welt, Gerechtigkeit zu üben.
(Hier geht es um die völkerrechtliche Darstellung, die theologische Deutung und kirchliche Handlungen zur Apartheid)
– Sitzung 3/Heft 4: Zionismus und die Kirchen. Eine Stellungnahme. (Welche Form des Zionismus bietet die ideologische Basis der Apartheid und wie ist damit theologisch-kirchlich umzugehen?)
– Sitzung 4/Heft 3: Wie können Kirchen in USA und Europa helfen, Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina/Israel durchzusetzen? – Texte im Zusammenhang der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Karlsruhe.
(Hier werden die Folgerungen für das kirchliche Handeln gezogen – insbesondere die Notwendigkeit, die Regierungen aufzufordern, alle Zusammenarbeit mit dem Staat Israel an dessen Erfüllung des Völkerrechts zu binden. In Deutschland wäre natürlich als erstes anzumahnen, sofort die Waffenlieferungen einzustellen, so lange Israel Völkermord betreibt.).23
Dazu kommt das 5. Heft angesichts der Gewalt in Gaza: DUCHROW, Ulrich mit EL BULBEISI, Sarah/ HEVER, Shir: Gewalt gegen Palästinenser. Der Gazakrieg, seine Vorgeschichte, Deutschlands Rolle und die notwendige Antwort der Kirchen. Otterstadt/Speyer: Stiftung Hirschler, 2024. (Darin beschreibt der kritische jüdische Ökonom, die Vorgeschichte des Gazakriegs und die Rolle Deutschlands, die schweizerisch-palästinensische Autorin Sarah El Bulbesi gibt eine Kurzfassung ihrer Doktorarbeit über die symbolische Gewalt, die in der Schweiz und besonders Deutschland gegen die Palästinenser ausgeübt wird und die das Trauma der physischen Gewalt bei der Vertreibung reaktiviert. Mein Beitrag geht um den geschilderten Bekenntnisprozess angesichts der gewaltsamen Entrechtung des palästinensischen Volkes.
Zusammenfassung und Forderungen
Wenn man das Gesagte zusammenfasst, stellten wir an die Kirchen und Gemeinden folgende Forderungen.
1. Nehmt intensiv an dem weltweiten ökumenischen Bekenntnisprozess teil – z.B. durch die Seminare und synodale Entscheidungsprozesse.
2. Wenn möglich, organisiert dazu Solidaritäts- und Lernbesuche in Palästina. Die Partnerkirchen und Kairos Palästina bieten dazu Unterstützung an.
3. Leute von der Basis der Gemeinden und Gruppen sollten nicht locker lassen, ihre Kirchenleitungen zu solidarischem Handeln aufzurufen, vor allem auch dazu, öffentlich die Stimme zu erheben.
4. Vor allem aber sollten die Kirchenleitungen dazu aufgerufen werden, bei den Regierungsstellen und in der Öffentlichkeit zu fordern, dass Deutschland ab sofort die Waffenlieferungen stoppt und im Übrigen alle weitere Kooperation mit dem Staat Israel davon abhängig machen, dass dieser das Völkerrecht einhält.
5. Außerdem sollten die Kirchen klar fordern, dass in Zukunft bei der Antisemitismusbekämpfung nicht die Arbeitsdefinition für Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zugrunde gelegt wird, die auch legitime und notwendige Kritik am Staat Israel als Antisemitismus verleumdet.
Vielmehr soll die Jerusalem Declaration als Maßstab herangezogen werden.
6. Konkret sollten die Kirchen die Versammlungs- und Redefreiheit verteidigen und sich vor PalästinenserInnen und mit ihnen Solidarische stellen, wenn diese in Demonstrationen gegen den Völkermord in Gaza oder in Universitäten von Verwaltungen und Sicherheitsbehörden grundgesetzwidrig angegriffen werden.
7. Vor allem aber sollten die Kirchen mit nichtzionistischen Juden und Jüdinnen Kontakt aufnehmen, die bisher aus dem christlich-jüdischen Dialog ausgeschlossen waren. Speziell sollten sie Gruppen und Personen von Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost unterstützen und mit ihnen zusammenarbeiten.
8. Schließlich sollten sie sich an einem Konsultationsprozess beteiligen, den KPS gerade vorbereitet, in dem es darum geht, Judentum von Zionismus unterscheiden zu lernen. Dazu boten wir Webinare mit dem jüdischen ForscherJakov Rabkin aus Kanada an. Er hat das weltbekannte Buch geschrieben: Im Namen der Thora. Die jüdische Opposition gegen den Zionismus.
Wie wichtig kritische jüdische, christliche und kirchliche Stimmen international sind, ergibt sich schlicht daraus dass Israel ohne die bedingungslose Unterstützung durch die USA, Europa und insbesondere Deutschland seine Völkerrechtsverbrechen stoppen müsste. Daher sind die Kirchen in diesen Ländern durch ihr Schweigen zu dieser Tatsache direkt mitverantwortlich und mitschuldig. Auf der anderen Seite kann der Druck von unten durch die Solidaritätsarbeit zum Stop der Unterdrückung beitragen.
Was ich erst kürzlich gelernt habe: Wir Europäer brauchen nicht auf die USA zu warten. Israel bezieht zwei Drittel seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten auf Europa. Wenn Europa alle seine Wirtschaftsbeziehungen zu Israel abbrechen würde, würde Israels Wirtschaft zusammenbrechen. Der Hauptschritt dazu wäre die Aussetzung des Assoziierungsabkommens durch die EU. Es ist also eine Schande, dass besonders Deutschland dies bisher gestoppt hat. Druck von unten mit allen gesellschaftlichen Akteuren wie christlichen und gewerkschaftlichen Bewegungen wäre also dringend erforderlich. Wird auch die Friedensbewegung, zu der wir auch hier in Kassel gehören, in solchen Bündnissen mitmachen?
Fußnoten
1 Vgl. RABKIN, Yakov M.: Im Namen der Thora. Die jüdische Opposition gegen den Zionismus, Aus der aktualisierten hebräischen Ausgabe übersetzt von Abraham Melzer. Frankfurt am Main: Westend Verlag Fiftyfifty, 2020.
2 Absolution? Israel und die deutsche Staatsräson. Göttingen: Wallstein, 2024/. Noch besser der englische Titel: Germany and Israel – Whitewashing and Statebuilding. London: Hurst & Co, 2020.
3 ELLIS, Marc: Büßer als Machtmenschen. In: DUCHROW, Ulrich/ULRICH, Hans G. (Hrsg.): Religionen für Gerechtigkeit in Palästina-Israel – jenseits von Luthers Feindbildern. Münster : Lit, 2017, S. 128-157. Vgl. KAIROS EUROPA, Hrsg.: Verfehlte Buße. Stimmen aus der Ökumene zum Verhältnis Deutschland-Palästina/Israel. Heidelberg: info@kairoseuropa.de, 2018.
4 BONHOEFFER, Dietrich: Die Kirche vor der Judenfrage (1933). DBW 12. München: Kaiser, 1997, S. 349-58.
5 Bonhoeffer. a.a.O., 351f.
6 Vgl. https://www.palaestina-portal.eu/Anlagen/Amnesty%20Internationa%20-%20ISRAELISCHE%20APARTHEID-%20deutsche%20Uebersetzung.pdf
7 Die Behörden hindern allerdings nicht ausreichend radikale Gruppen, gegen Kirchen und ChristInnen vorzugehen. Vgl. den Protest der lokalen Kirchenführer: https://en.jerusalem-patriarchate.info/blog/2021/12/13/statement-on-the-current-threat-to-the-christian-presence-in-the-holy-land-by-the-patriarchs-and-heads-of-local-churches-of-jerusalem/.
8 Vgl. SMITH, Robert O.: More Desired than Our Owne Salvation: The Roots of Christian Zionism. Oxford: Oxford University Press, 2013; MASALHA, Nur: The Bible & Zionism. Invented Traditions, Archaeology and Post-Colonialism in Israel-Palestine. London/New York: Zed Books, 2007; VERLEGER, Rolf: Hundert Jahre Heimatland? Judentum und Israel zwischen Nächstenliebe und Nationalismus. Frankfurt/Main: Westend, 2017.
9 Die militaristische Tradition der Arbeiterpartei, die bedeutungslos geworden ist, hat der LIKUD, Netanjahus Partei, verschärft. AMAR-DAHL, Tamar: Der Siegeszug des Neozionismus. Israel im neuen Millennium. Wien: Promedia, 2023, nennt dies „Zivilmilitarismus“.
10 Ganzer Text: https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2021/08/UCC-Deutsch-Generalsynode-2021-Israel-Palaestina-Bekenntnis.pdf (18.7.2021).
11 Vgl. ISAAC, Munther: From land to lands, from Eden to the renewed earth: a Christ-centred biblical theology of the promised land. Carlisle/UK: Langham Monographs, 2015, und ders., Die andere Seite der Mauer Eine Palästinensische Erzählung von Klage und Hoffnung (Vorwort von Konrad Raiser). Berlin: Aphorisma, 2021.
12 Vgl. DUCHROW, Ulrich/Braverman, Mark (ed.): Religionen für Gerechtigkeit in Palästina-Israel Band 2: Ökumenische Antwort auf Völkerrechtsverletzungen und Apartheid. Otterstadt/Speyer: Stiftung Hirschler, 2023.
13 Abgedruckt in KAIROS Palästina-Solidaritätsnetz (ed. U. Duchrow): Der palästinensische Schrei nach Hoffnung und die Antwort der Kirchen – Auf dem Weg zur ÖRK-Vollversammlung. Otterstadt/Speyer: Stiftung Hirschler, (2021) 2. Aufl. 2023.
14 Vgl. https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/2017_Israel_Palaestina_Positionsbestimmung.pdf.
15 Zu den Abläufen auf der Vollversammlung im Einzelnen vgl. den Protestbrief von Kairos Europa: https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2022/09/KPS-OeRK-Protest-mit-Link.pdf.
16 Vgl. https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/seeking-justice-and-peace-for-all-in-the-middle-east.
17 Vgl. https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/statement-on-palestine-and-israel-a-call-to-end-apartheid-occupation-and-impunity-in-palestine-and-israel.
18 Vgl. https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-eine-welt/ekd-voelkermord-begriff-traegt-zur-spaltung-bei_a62921.
20 Vgl. https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2023/10/KPS-Aufruf-zur-Umkehr.pdf.
21 Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=Md_hw_A-oIs. ,Vgl. weiteren Aufruf von KPAL
22 Vgl. https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2023/12/KPS-GKJ-Kirchengemeinschaft-west.-Kirchen-mit-palaestinensischen-ChristInnen.pdf.
23 Informationen auf: https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2023/03/KPS-Flyer-4-Hefte-Schriftenreihe.pdf. Vgl. https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2023/01/KPS-Einladung-vierteiliges-Seminar-2-S..pdf, und https://kairoseuropa.de/wp-content/uploads/2023/08/KPS-Flyer-Buch-4-Broschueren-FINAL.pdf.
