Die Rolle der UNO für eine friedliche Weltordnung
Redaktionelle Zusammenfassung des Referates (AR)
Siehe auch Video-Mitschnitt | Textbeiträge
Zur Person: Michael von der Schulenburg ist ehemaliger UN-Diplomat und hat 30 Jahre für die UNO in Krisengebieten gearbeitet, aktuell: MdEP
Schulenburg sprach über die Bedeutung der UNO Charta
- für eine zukünftige Ordnung zum Weltfrieden
- über ihre Anwendung für den Ukraine Krieg
- und gab eine kurze Einschätzung über zwei EU Resolutionen.
Die UNO Charta sei eine der ganz großen Errungenschaften der Menschheit. Er hebt die Wichtigkeit der UNO und ihrer Charta für den Weltfrieden und damit auch für die Friedensbewegung hervor. Sie beruhe auf dem Prinzip der gewaltfreien Lösung von Konflikten. In den Ländern außerhalb des Westens, wie z.B. in den BRIC’s Staaten, finde eine Weltordnung, die auf der UNO Charta beruhe, große Anerkennung, während sie im Westen negativ bewertet wird, weil sie nicht oder unzureichend angewendet würde.
Dem Inhalt und dem Wollen der Unterzeichnerstaaten nach mache die Charta
„keinen Unterschied mehr zwischen gerechten und ungerechten Kriegen. Krieg ist Krieg und alle 193 Staaten haben sich verpflichtet, diese Kriege so schnell wie möglich zu beenden. Oder viel besser, dass man ihnen vorbeugt“,
so Schulenburg. Die UNO Charta erkenne an, dass es unterschiedliche nationale Interessen gibt, das die Interessen unter Umständen zu Konflikten führen, aber
„wir haben uns verpflichtet, solange zu verhandeln, bis wir eine Lösung haben und nicht mehr die Notwendigkeit sehen, dass wir zu Waffen greifen müssen. Und wenn wir mal den Ukrainekrieg sehen, dann werde immer gesagt, Russland ist schuld. Wir sind da mindestens genauso schuld, wenn nicht sogar schuldiger“.
Denn „wir“ sagt er, haben nach der UNO-Charta genauso die Verpflichtung mit Russland über russische Sicherheitsinteressen zu verhandeln.
Er erläutert die Geschehnisse um den April 2022, als sich zwei kriegsführende Staaten Ukraine und Russland innerhalb von einem Monat auf das Grundgerüst eines Friedensvertrages geeinigt hatten
„in dem übrigens die Ukraine keinen Quadratmeter des Territoriums abgegeben hat gegen die Verpflichtung, ein neutraler Staat zu sein“.
Das wurde dann nach einem Sondermeeting der NATO von ihr boykottiert.
„Wir haben da auch gegen das Völkerrecht verstoßen und ich würde sogar sagen seit dem April 22, dass der gesamte Krieg eindeutig unsere Schuld ist, denn wir hätten den Krieg im April 22 beenden können“.
Er wolle andeuten, wie wichtig es wäre, wenn man sich an die UNO Charta hielte.
„Also ich würde sagen, dass bei 75 % aller Menschen, die danach gestorben sind, ist die NATO schuldig und nicht Russland. Russland hat natürlich auch Krieg geführt, aber wir sind diejenigen, die die Charta verletzt haben, um diesen Krieg zu verlängern, in der Hoffnung, dass wir gegen Russland gewinnen.“
Die Wichtigkeit, nicht zu zwischen gerechten und gerechten Kriegen zu unterscheiden, bedeute auch, dass es bei Konflikte keinen Unterschied mehr gebe zwischen Angreifer und Verteidiger.
„Ganz wichtig: Wenn wir keinen Krieg haben wollen, spielt es im Grunde gar keine Rolle, wer zuerst angefangen hat und wer nicht angefangen hat: Die Kriegsschuld festzustellen ist ja unheimlich schwierig, wenn man Clarks Buch über die Schlafwandler sieht, dass wir zum Ersten Weltkrieg immer noch nicht wissen, wer eigentlich die Kriegsschuld hat.“
Die heutige Zeitenwende bedeute Ende der Vorherrschaft des Westens, des Weltpolizisten USA, des Unilateralismus. Das genau beinhalte die UNO Charta, denn dort wird gegen jegliche Gewalt und für Verhandeln gesprochen. Deswegen sei die Charta für uns ein wichtiges Dokument und Argument. Bei Unzufriedenheit mit ihr, weil sie nicht entsprechend dem Wollen ihrer Initiatoren genutzt wird, hält er entgegen, dass sie auf völliger Freiwilligkeit der Staaten beruhe. Die UNO habe keine Machtinstrumente wie ein Staat, keine Armee, keine Polizei. Alles beruhe auf der Freiwilligkeit der Staaten, und der Generalsekretär habe nur das „Sprechrecht“, also eine Mehrheit eines Gremiums muss es ihm zugestanden haben. Deswegen sei es wichtig, genau hinzuhören, was er sagt, weil es die Meinung der Mehrheit in dem jeweiligen UNO-Gremium ist.
Die gewaltfreie Konfliktlösung sei heute noch wichtiger als zu Gründungszeiten 1945, denn die Waffentechnologie sei so entwickelt, dass es nur 10 min zum Ziel brauche. Und auf die Provokation der einen Seite folge sofort die Gegenprovokation. So bestehe die Gefahr, dass
durch ein falsches Knopfrücken wir eine Welt verlieren würden, vielleicht in nur zehn Minuten. Also wir können gar nicht mehr Krieg führen, Deswegen haben wir gar keine Alternative zu einem Weltfrieden.
Von einem Reporter des Time Magazin nach seiner Meinung zum EU-Parlament gefragt, antwortete er zu den beiden Resolutionen zum Ukrainekrieg und stellte die Brüche zur UNO Charta dar, denn die UNO Charta verlange immer zu verhandeln.
„In beiden Dokumenten wird das Wort Verhandeln, Diplomatie, Gespräche und sowas nicht einmal erwähnt. Und das ist der Kern der UNO Charta. Und trotzdem wird uns jeden Tag erzählt, dass Russland einen völkerrechtswidrigen Krieg führt. Völkerrechtswidrig heißt hier eben ein Bruch der UNO Charta und dass angeblich, da wir das Recht aus Artikel 51 auf Selbstverteidigung hätten, für drei Jahre Krieg zu führen. Das Problem ist nur, Es gibt 50 Artikel davor und wenn man die liest, dann ist es eben nicht so!“
Das Interessante sei, dass wir im Westen, in den NATO Ländern das Dokument, das einmal aus dem Westen kam, ablehnen und brechen. Hingegen seien die Länder des Südens heute deren Garanten und für eine UNO Charta for the Future.
„Wir müssen mit diesen Ländern zusammenarbeiten. Die sind im Moment für uns eine Organisation, die uns vielleicht den Frieden erhält“.