(US-)Militärstützpunkte, Kriegsmanöver und standortbezogenen Aktivitäten der Friedensbewegung
Eigene Zusammenstellung mit Ergänzungen (KP)
Inhalt
Deutschland als militärische Drehscheibe
Deutschland entwickelt sich immer mehr zur militärischen Drehscheibe für Kriegs- und Manöverlogistik. Ersteres gilt praktisch seit Jahrzehnten über die Air Base Ramstein, die eine notwendige Zwischenstation für Transportflüge zu Kriegsschauplätzen darstellt. Die Schwerpunkte waren hierbei wechselnd. Lange Jahre dominierte Westasien mit Irak und Syrien, während in den letzten Jahren Osteuropa hinzu gekommen ist. Dieses gilt keineswegs erst seit dem Ukrainekrieg ab 2022, sondern wurde massiv verstärkt durch die Kriegsmanöver in Osteuropa seit 2015.
Insbesondere das 2020 geplante, aber zunächst wegen der Corona-Pandemie stark reduzierte Manöver Defender 2020 rückte die logistische Rolle von einigen US-Standorten in Deutschland ebenso wie die Nutzung der zivilen Infrastruktur in den Fokus. Besonders hervor zu heben sind dabei:
- zivile Häfen in Bremerhaven und Hamburg
- Luftfrachttransporte über Ramstein
- Nutzung des zivilen Schienen- und Straßennetzes
Kriegsmanöver auf deutschem Boden
Grafiken: NATO-Manöver 2020 und 2024 (Quelle: eigene Darstellungen)
Zu unterscheiden sind:
- Ständige Kampfjet-Übungszonen – insbesondere Westpfalz
- Truppenübungsplätze – z.B. vom US-Militär genutzte Standorte in Grafenwöhr und Hohenfels (Oberpfalz)
- Defender-Manöver – mit jährlich wechselnden Schwerpunktsetzungen
Ein Hauptkriterium für Proteste hiergegen sind die massiven Umweltbelastungen. Im einzelnen sind hierbei zu nennen:
- Militärischer Fluglärm verursacht massive Gesundheitsschäden
- Zivile Infrastruktur wird bei Manövern und Transporten extrem beansprucht
- Schadstoffeinträge auf Truppenübungsplätzen und Militärbasen erfordern Schutz des Grundwassers und später teure Sanierungen
- Militärische Alt-Standorte, die für kommunale Entwicklungen neuer Gewerbe- und Wohngebiete benötigt würden, werden für die Logistik von Großmanövern und eventueller Reaktivierung nicht freigegeben, wodurch umweltbelastend neue Flächenversiegelungen an anderer Stelle erforderlich werden.
Neben der Logistik-Drehscheibe Ramstein spielen vor allem die Anlandungen von Kriegsmaterial in zivilen Häfen eine große Rolle, wie z.B. in Bremerhaven.
siehe auch: Übersicht von Friedensbündnis Norddeutschland (Aufrüstung im Norden) und Marinestandorte an Nord- und Ostseeküste.
Aktuelles Standort-Beispiel: Wiesbaden
Die Entwicklung des Widerstandes an diesem Standort erwies sich als langwierig. Der Ausbau des vorhandenen Standortes für den Umzug des US Army HQ von Heidelberg, der 2012 abgeschlossen wurde, fand bei der Hessischen Landesregierung volle Unterstützung und kaum Gegenöffentlichkeit in Wiesbaden selbst. Jahrelang beschränkte sich der Widerstand auf eine Bürgerinitiative gegen Hubschrauberlärm. Auch die im Zuge der früheren Ausbaumaßnahmen bekannt gewordene Grundwasserverseuchung durch PFAS, verursacht durch einen Feuerlösch-Übungsplatz auf dem Gelände, fand vergleichsweise wenig öffentliche Resonanz.
Erst am 28.11.24 gründete sich das „Wiesbadener Bündnis gegen Raketenstationierung“ (siehe Pressemitteilung).
Siehe auch: Infoblatt der Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V. zum US-Standort Wiesbaden (Erbenheim und Mainz-Kastel) und Dokumentation der Aktionen am 31.8.2024 in Wiesbaden-Erbenheim und Mainz-Kastel.
Bisherige Aktionsformen
Prinzipiell mögliche Aktionsformen sind:
- Mahnwache
- Fahrraddemo
- Umzug / Menschenkette
- Kundgebung
- Friedenscamp
Beispielhaft zu nennen sind für zurück liegende Aktionen die Militärstandorte:
- Rostock
- Bremerhaven
- Unterlüß (Rheinmetall)
- Kassel (KMW)
- Kalkar / Uedem (Nato Allied Air Command)
- Büchel (US-Atomwaffen)
- Wiesbaden (US Army HQ Europe & Africa)
- Ramstein (US Air Force mit Kommandozentralen)
- Stuttgart (EUCOM/AFRICOM)
Kriterien für Aktionen
Folgende Punkte können auch als Checkliste für Aktivitäten rund um Militärstandorte zugrunde gelegt werden:
- Wie wird der Militärstandort in der lokalen Presse dargestellt?
- Gibt es (veröffentlichte) Leserbriefe an die lokale Presse?
- Wie wird die Thematik im Kommunalparlament behandelt (z.B. Flächenbereitstellung, Umweltbelastungen)?
- Welchen Kontext zur gesellschaftlichen Militarisierung können wir herstellen?
- Wie sind die örtlichen Strukturen für Friedensaktivitäten bei überregionaler Mobilisierung?
Eine schwierige Frage für die Planung von Aktionen ist: Soll man Demonstrationen innerstädtisch oder vor Ort durchführen?
Vorteile innerstädtischer Demos (wie in Wiesbaden oder in Kaiserslautern) sind, dass diese in der örtlichen Bevölkerung wahrgenommen werden und für Demo-Teilnehmer einfache Anreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich sind. Solche Demos können von lokalen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Medien weniger leicht ignoriert werden als Aktionen außerhalb.
Vorteile von Aktionen vor Ort sind eine potenziell einfachere Mobilisierung von aktionsorientierten Teilnehmern und einfachere Anreisen per Pkw. Aktionen vor Ort erfordern Kreativität zur Gestaltung der Aktionen, wobei auch Restriktionen der Ordnungsbehörden zu beachten sind. Zur Umrundung bzw. Einkreisung größerer militärischer Liegenschaften sind Fahrraddemos oder Autokorsos auch mit niedrigeren Teilnehmerzahlen wirkungsvoll. Nicht zuletzt können Fotoshootings und/oder Livestreams für Social Media für eine Multiplikatorwirkung sorgen.
Konversion militärischer Liegenschaften
Militärstandorte sind immer eine Belastung für eine soziale und ökonomische Entwicklung der betroffenen Städte. Dieses lässt sich eindeutig belegen, trotz gelegentlich vorhandener Gegenpropaganda in der Regionalpresse. Ein Beispiel dafür kann aus einem früheren Kommentar des Autors entnommen werden: „Segen oder Fluch? – Das US-Militär in der Großregion Kaiserslautern“
Konzepte zur Konversion eines militärischen Standortes bzw. einer Militärregion sind deshalb unabdingbar, wie für die Militärregion Kaiserslautern, die Coleman Barracks in Mannheim und die Militärregion Grafenwöhr – Hohenfels vorliegend.