Zum Tod von Willi Hoffmeister
Willi Hoffmeister war bis zuletzt – trotz seiner schweren Erkrankung – bei den Video-Konferenzen des Bundesausschusses Friedensratschlag präsent. Vor Corona zählte er bei den regelmäßigen Treffen des Bundesausschusses Friedensratschlag zu den ständigen und aktivsten Teilnehmern in unserer Runde. Sein Tod bedeutet für uns alle ein schmerzlicher Verlust.
Inhalt
Traueranzeige vom 14.8. in der jungen Welt
Würdigung des Essener Friedensforums
Am Dienstag, dem 3.August 2021 verstarb der Dortmunder Gewerkschafter und Friedensaktivist, der über Jahrzehnte den Ostermarsch Rhein-Ruhr maßgeblich organisiert und aktiv getragen hat.
Willi Hoffmeister war ein beharrlicher und konsequenter Kämpfer für Frieden und Abrüstung, gegen Militarismus, jede Form von Rassismus und Faschismus und für Gerechtigkeit; er lebte die Überzeugung, dass nur eine gerechtere Welt eine friedliche sein kann. Uns war er mit seiner unbedingten Menschlichkeit stets ein Vorbild. Das wird er auch immer für uns bleiben.
Am letzten Freitag seines Leben verliehen ihm der Dortmunder Bürgermeister Norbert Schilff und die Dortmunder DGB-Vorsitzende Jutta Reiter das Bundesverdienstkreuz für sein unermüdliches Engagement für eine Welt ohne Faschismus und Krieg, in diesem Land keine selbstverständliche Ehre für einen auch als Sozialist bekannten Aktivisten.
Jutta Reiter begründete diese Auszeichnung mit diesen Worten:
„Als besondere Fähigkeit und Eigenschaft Hoffmeisters ist zu erwähnen, dass er ein hohes Maß an Gesprächsbereitschaft für politische Themen, gepaart mit einer einnehmenden Freundlichkeit zeigt. Gerade die Verbindung von Gewerkschaftsarbeit mit dem Engagement für den Frieden war immer ein Bestandteil seines persönlichen Wirkens. Darin war und ist Hoffmeister auch von den Gewerkschaften immer anerkannt worden, folgerichtig wurde er seitens der Dortmunder Gewerkschaften für den Bundesverdienstorden vorgeschlagen.“
Mit Willi Hoffmeister verliert das Essener Friedensforum einen seiner langjährigsten Freunde, er hat regelmäßig beim Essener Ostermarsch-Auftakt und bei weiteren Friedensanlässen in Essen und in unserer Region gesprochen. Willi Hoffmeister hat sich zeitlebens für die Verbindung der demokratischen Bewegungen engagiert, als Betriebsrat und Gewerkschaftler der IG Metall, als linker Kommunalpolitiker und als Ökologe. Er verwies im Austausch mit der Klimabewegung darauf, dass Abrüstung der größte Umweltschutz ist.
Die Essener Friedensdemonstration am 4. September dieses Jahres wird an das Vermächtnis des großen Friedensaktivisten Willi Hoffmeister erinnern. Seine Vision einer überlebensfähigen Gesellschaft werden wir weiter in die Welt tragen.
Antriebsfeder Antifaschismus
von Ulrich Sander, Journalist und Mitglied der VVN-BdA, ND 05.08.2021
Der Friedenskämpfer und Arbeiterführer Willi Hoffmeister ist gestorben
Am Dienstagnachmittag traf in der Dortmunder Innenstadt eine Fahrraddemonstration der Friedensbewegung ein, die von Bielefeld bis nach Kalkar am Niederrhein führt. Auf der Kundgebung der Zwischenetappe wurde der Gruß eines Mannes verlesen, der sonst stets bei solchen Aktionen vorneweg dabei war: Willi Hoffmeister hatte uns von seinem Laptop aus dem Krankenhaus geschrieben. Wenig später erfuhren wir, dass er, 88-jährig, bereits verstorben war, als seine Worte an unsere Ohren drangen.
Am vorangegangenen Wochenende war ihm noch eine Ehre zuteil geworden, die ungewöhnlich für einen Menschen seiner politischen Überzeugungen ist. Er schrieb uns dazu: »Ich habe mich gefragt, ob ich das Bundesverdienstkreuz am Band annehmen sollte, und ich machte der DGB-Vorsitzenden und dem Bürgermeister, die an mein Krankenbett kamen, deutlich, dass ich eine solche Ehrung nicht für mich annehme, sondern nur für uns alle.« Wir waren tief bewegt, als wir diese Zeilen lasen.
Die Ehrung für Willi, den Gewerkschafter, Kommunisten, Friedens- und Antifa-Aktivisten war vom DGB Region Dortmund vorgeschlagen worden. Die Regionalvorsitzende Jutta Reiter dankte Willi für sein Bemühen um den Zusammenschluss aller Friedensfreunde sowie die Verknüpfung von Gewerkschaftsarbeit mit dem Engagement für »Antimilitarismus sowie Antifaschismus, denn das sind deine Antriebsfedern«.
Willi war IG-Metall-Betriebsrat in der Westfalenhütte und baute eine bundesweite betriebliche Friedensbewegung mit auf. Er wusste: Bewegungen für Demokratie und Frieden können nur dann erfolgreich sein, wenn die arbeitenden Menschen in den Betrieben einbezogen werden. Er selbst hatte die Schrecken des Krieges noch miterlebt. Sein von ihm verehrter Onkel, der kommunistische Arbeiter Franz Urbanski, hatte eine elfjährige KZ-Haft erlitten. Er gab seinem Neffen als Rat mit auf den Weg: »Junge, tu alles, damit es nie wieder zu Faschismus und Krieg kommt.« Willi erinnerte sich: »Das hat mich mein Leben lang geleitet.«
Der Onkel war gesundheitlich schwer angeschlagen. In einem Dorf bei Schwerin bekam er einen Neubauernhof zugewiesen – und kam damit nicht zurecht. Willi und seine Eltern wollten helfen. Sie verkauften ihre Habe und ihr Haus in Ostwestfalen und zogen in die DDR, erhielten jedoch keine dauerhafte Zuzugsgenehmigung. Die Behörden in der DDR meinten, der Platz der Hoffmeisters sei im Westen. Willi wäre sehr gern Bauer geworden. Wieder im Westen stand die Familie vor dem Nichts. Willi ging daher nach Dortmund. Er war Schreiner, wurde Hafenarbeiter, dann Stahlarbeiter. Jede Mark, die irgendwie übrig war, ging zu den Eltern, damit sie das Haus wiedererlangen konnten.
Über sechs Jahrzehnte war der Ostermarsch Willis wichtigstes politisches Projekt – seit 1961 marschierte er an Rhein und Ruhr in vorderster Reihe. Zugleich war er ein leidenschaftlicher Streiter für die Aktionseinheit der Linken. Als Parteivorstandsmitglied der DKP bis 1990 war er nicht nur bei seinen Genossen hoch anerkannt.
Als Willi im März 2011 eine Ausstellung über 50 Jahre Ostermarsch in der Nähe des Dortmunder Rathauses eröffnete, ließ es sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) nicht nehmen, den Kommunisten und Initiator der Exposition ausdrücklich zu würdigen: »Mein Dank geht an Willi Hoffmeister und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Ich hoffe, dass diese Ausstellung viele Menschen anlockt und motiviert, sich weiterhin oder auch erstmalig für den Frieden und gegen Krieg zu engagieren. Denn der Marsch ist noch nicht zu Ende, und er muss weitergegangen werden – das ist die Verantwortung, die wir für unsere Welt tragen.«
Willi war auch ein Meister des Leserbriefes. Er vermochte es, seine Gedanken, knapp gefasst und auf den Punkt gebracht, nicht nur in linke Medien zu tragen. Erst kürzlich schrieb er mir, was er zu Papier brachte, leider jedoch nicht veröffentlichen konnte. Ich freue mich, über diese Zeitung Willis Gedanken zu einem der beschämendsten Kapitel jüngster bundesdeutscher Geschichte der Öffentlichkeit zu vermitteln: »20 Jahre Krieg in Afghanistan haben dem Land keinen Frieden und Fortschritt gebracht. 12,5 Milliarden (ohne die Milliarden an Nebenkosten) wurden verpulvert. Schluss mit den Auslandseinsätzen in aller Welt – Abrüsten statt Aufrüsten. Die Mehrzahl der BundesbürgerInnen fordert das.«
Ja, lieber Willi, und wir werden weiter in diesem, Deinem Sinne kämpfen.